Pilotprojekt – Auricher Feuerwehren setzen auf digital unterstützte Einsatzkoordination
Aurich (ots) Das Starkregenereignis im August 2024 hat den Freiwilligen Feuerwehren der Stadt Aurich über Stunden alles abverlangt. Durch die immensen Regenmengen, die innerhalb kürzester Zeit vor allem im Kernstadtbereich niedergingen, erwuchs ebenso schlagartig ein enormes Einsatzaufkommen, dessen Abarbeitung noch bis in den Folgetag andauern sollte. In dieser chaotischen Phase war insbesondere die Priorisierung durch die Leitstelle übermittelter Notrufmeldungen sowie eine anschließende Koordination verfügbarer Rettungsmittel von entscheidender Bedeutung, um den Betroffenen schnellstmöglich die geeignete und erforderliche Hilfe zukommen zu lassen.

Die Arbeitsgruppe Tablets um (v.r.n.l.) Marvin Zieler, Daniel Janßen, Gerrit Menssen und Dennis Hockmann zusammen mit Stadtbrandmeister Heinz Hollwedel. Foto: Diana Stöhr-Aeilts
Um das Zusammenspiel zwischen örtlicher Einsatzleitung, die in derartigen Flächenlagen im Feuerwehrhaus Sandhorst zusammentritt, und den Feuerwehrkräften auf der Straße in Zukunft weiter zu optimieren, hat sich unmittelbar im Anschluss an das Starkregenereignis eine Arbeitsgruppe gebildet. Basierend auf den gemachten Erfahrungen wurde ein Führungskonzept erstellt, dessen Kern die Nutzung von Tablets auf den Einsatzfahrzeugen bildet. 22 Geräte der Marke Apple sind durch die Stadt Aurich als Träger der Feuerwehren beschafft worden und konnten am Mittwochabend im Rahmen einer Unterweisung in die Funktionsweise der darauf installierten Einsatzführungssoftware Fireboard sowie weiterer nützlicher Programme, die zum Beispiel verfügbare Wasserentnahmestellen im Stadtgebiet anzeigen, an die Ortsbrandmeister der zehn Feuerwehren übergeben werden. Weitere Tablets sollen in der kommenden Zeit beschafft werden, um letztendlich jedes Einsatzfahrzeug mit einem Gerät ausstatten zu können.

Im angrenzenden Funkraum laufen die übermittelten Einsätze auf. Die Meldungen werden an insgesamt vier Arbeitsplätzen gesichtet, priorisiert und anschließend disponiert. Foto: Diana Stöhr-Aeilts
Im Falle einer auftretenden Flächenlage durch beispielsweise Sturm, starke Regenfälle oder ähnliches wird die örtliche Einsatzleitung bei Bedarf durch den Stadtbrandmeister aktiviert. In den Räumlichkeiten des Feuerwehrhauses Sandhorst kommen daraufhin gesondert im Umgang mit dem Führungsunterstützungsprogramm Fireboard geschulte Mitglieder der Ortsfeuerwehren Aurich und Sandhorst zusammen und besetzen die vier dort vorhandenen Arbeitsplätze im Funkraum, um die Koordination der bereits laufenden und neu hinzukommenden Einsatzaufträge zu übernehmen. An einer Position werden dabei alle von der Leitstelle entsendeten und über den in Middels stationierten Einsatzleitwagen 2 eingehenden Meldungen gesichtet und priorisiert, während an den anderen drei Plätzen die Disposition und Kommunikation erfolgt. Neben den Feuerwehrleuten sind im Bedarfsfall auch Vertreter der Stadtverwaltung sowie anderer Ämter und Behörden vor Ort, um notwendige Absprachen schnell durchführen und damit die Bewältigung des Geschehens unterstützen zu können. Ihnen steht hierfür ein angrenzender Stabsraum zur Verfügung, in dem unter anderem auf eine interaktive Lagedarstellung durch das Fireboard-Übersichtsdashboard zurückgegriffen werden kann.

Übergabe der Tablets an (v.l.n.r.) Bernd Saathoff (Ortsbrandmeister Aurich), Thorsten Fleßner (Stellv. Ortsbrandmeister Walle), Jannes Asche (Stellv. Ortsbrandmeister Middels), Harald Cornelius (Ortsbrandmeister Brockzetel), Michael Wilp (Stellv. Ortsbrandmeister Wallinghausen), Enno Campen (Ortsbrandmeister Wiesens), Keno Pollmann (Ortsbrandmeister Haxtum), Marco Mäcken (Ortsbrandmeister Plaggenburg), Harald Willms (Ortsbrandmeister Sandhorst) und Dirk Siebels (Ortsbrandmeister Tannenhausen). Rechts im Bild Stadtbrandmeister Heinz Hollwedel. Foto: Diana Stöhr-Aeilts
Der in solchen Ausnahmesituationen oftmals überlastete Funkverkehr soll durch die Einbindung der Tablets auf ein Minimum reduziert werden. Von den Arbeitsplätzen in Sandhorst werden die Einsatzaufträge und alle erforderlichen Daten mittels Fireboard direkt auf die über Mobilfunk angebundenen Geräte in den Fahrzeugen übermittelt. Die Feuerwehrkräfte können dann den jeweiligen Einsatzort anfahren, die erforderliche Hilfe leisten und eine Rückmeldung ihrer Tätigkeit wie auch gegebenenfalls erforderliche Unterstützungsanforderungen direkt über das Programm übermitteln, sodass alle Informationen wieder bei der örtlichen Einsatzleitung zusammenlaufen und dort entsprechend verwertet werden beziehungsweise notwendige Reaktionen erfolgen können. Sollte in besonderen Fällen dennoch eine Funkkommunikation erforderlich sein, ist dies dank der Entlastung des Sprechkanals deutlich leichter möglich. Meldet sich ein Fahrzeug nach Erledigung eines Auftrags wieder frei, kann ihm umgehend ein neuer Einsatz zur Abarbeitung zugewiesen werden.

Der Stabsraum im Obergeschoss des Sandhorster Feuerwehrhauses. Mittels Beamer kann im Hintergrund eine dynamische Übersichtskarte zur Einschätzung des Lagebilds an die Wand projiziert werden. Foto: Diana Stöhr-Aeilts
Bei der Umsetzung des Konzepts in dieser Form handelt es sich um ein bislang einmaliges Pilotprojekt. Die Feuerwehren der Stadt Aurich arbeiten dabei eng mit dem Softwareanbieter Fireboard GmbH zusammen, der die Ehrenamtlichen hervorragend unterstützt und ihnen stets als Ansprechpartner für Rückfragen oder Optimierungswünsche zur Seite steht. Regelmäßige Evaluierungen infolge künftiger Verwendungsszenarien sind dabei fester Bestandteil der Pilotphase. In den kommenden Wochen werden die Ortsbrandmeister ihre im Rahmen der Unterweisung erlangten Kenntnisse als Multiplikatoren in den eigenen Reihen weitergeben. Das Führungsunterstützungsprogramm wird nicht zuletzt auch im Regelbetrieb der Feuerwehren auf den beiden in Aurich und Sandhorst stationierten Einsatzleitwagen genutzt.
Meldung der Feuerwehr Stadt Aurich von Montag, 14. April 2025, Sönke Geiken